Back to top

Tulpen im Museum

Ein kleines, aber feines Museum ist der holländischen Nationalblume gewidmet. Anhand von Fotos, historischen Bildern und Videos wird die Geschichte der Zwiebelblume von den wilden Anfängen über erste Züchtungen am Hofe des Sultans von Konstantinopel bis hin zum modernen Anbau erläutert. Ein Gespräch mit Sjoerd van Eeden, dem Leiter des Tulpenmuseums in Amsterdam.

Bild: Sjoerd van Eeden, Leiter des Tulpen-Museums, Amsterdam

Wie sind Sie auf die Idee gekommen ein Tulpenmuseum zu eröffnen?
Erst gab es nur den Shop, in dem wir das ganze Jahr Blumenzwiebeln verkauften. Zur Pflanzzeit der Frühjahrsblüher - neben den Tulpen haben wir auch Hyazinthen, Narzissen, Krokusse im Sortiment - ist uns aufgefallen, dass das Interesse an Tulpen jeweils besonders gross war. Ich denke, Tulpen sind deshalb so beliebt, weil sie als erste im Frühjahr die gesamte Palette der Farben in die Gärten bringen. Darüber hinaus ist die Blume ein Symbol für Holland und für die Stadt Amsterdam. Gemeinsam mit zwei Freunden habe ich deshalb 2005 beschlossen, dieses Museum einzurichten. Wir sind alle drei Kinder von Tulpenzwiebelzüchtern und haben deshalb einen starken Bezug zu dieser Blume.

Und keiner von Ihnen hat den elterlichen Betrieb übernommen?
Der Anbau von Tulpenzwiebeln ist Vollzeitarbeit, die man nicht nebenbei machen kann. Deshalb wollte ich den Betrieb nicht übernehmen. Ich habe Geschichte studiert. In meine Arbeit für das Museum kann ich meine historisches Kenntnisse und meine Liebe zur Tulpe einbringen – eine perfekte Verbindung zweier Leidenschaften.

Bild re: Tulpe an Wildstandort in Zentralasien

Woher haben Sie all die Ausstellungsstücke?
van Eeden: Wir haben alles selbst gesammelt. Freunde haben natürlich geholfen und z.B. von ihren Reisen nach Zentralasien Fotos von Wildtulpen mitgebracht. Die nördliche Region des Himalajas ist der wichtigste Lebensraum. Etwa 60 Prozent aller Wildtulpen sind dort heimisch. Hier im            Museum sind auch einige historische Fotos und Exponate zu sehen, die aus den Betrieben unserer Eltern und Großeltern stammen. Die Geschichte des Tulpenanbaus in Holland lässt sich damit gut veranschaulichen.

Haben Sie persönlich eine Lieblingstulpe?
van Eeden: Das ändert sich immer mal wieder. Meine liebste Wildtulpe ist Tulipa clusiana ‚Lady Jane‘, die ursprünglich aus Afghanistan stammt. Von den Gezüchteten mag ich besonders die ‚Change up‘ –  eine Sorte, die ihre Farbe ändert: Die Blütenknospe ist zunächst gelb, wird mit dem Aufblühen aber zu einem leuchtenden Orange. Außerdem mag ich ‚Marilyn‘ – eine rot-weiß geflammte Tulpe. Sie ist die moderne Variante der berühmten ‚Semper Augustus‘ Tulpe, die den ersten Börsencrash in der Geschichte ausgelöst hat.

Eine Tulpe löste einen Börsencrash aus?
van Eeden: Ja, die Tulpe erreichte Holland um 1600, in einer Zeit als Holland eines der reichsten und wirtschaftlich stärksten Länder Europas war. Die äusserst seltene Tulpe wurde zu einem begehrten Sammlerobjekt der Wohlhabenden. Teuer und begehrt waren vor allem die mehrfarbig geflammten Tulpen. Wenn man das Glück hatte, eine außergewöhnliche Sorte in die Hände zu bekommen, konnte man

Bild: Tulipa 'Marylin'

gutes Geld damit machen. Aud dem Handel wurde bald reine Spekulation. 1636 wurde beispielsweise bei einer Versteigerung in Haarlem für drei Zwiebeln der Sorte ‚Semper Augustus‘ die unglaubliche Summe von 10.000 Gulden gezahlt. Das entsprach damals dem Preis eines großen Kanalhauses in Amsterdam. Die Katastrophe kam, als einige Händler nicht mehr den Preis für die Blumenzwiebeln bekamen, auf den sie spekuliert hatten. Das hatte ähnliche Auswirkungen wie die Immobilienkrise, die vor zwei Jahren in den USA ihren Anfang nahm. Die Spekulationsblase platzte, der Markt fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen und Tausende von Menschen waren ruiniert. Der Geschichte dieser Tulpomanie ist in unserem Museum ein besonderer Bereich gewidmet.

Und diese ‚Semper Augustus‘ Tulpe gibt es heute nicht mehr?
van Eeden: Nein, Tulpensorten haben nur eine bestimmte Lebensdauer. Es ist fast unmöglich eine gezüchtete Sorte zu finden, die älter als 100 Jahre ist. Außerdem wurde damals, in der Zeit des Barocks, die Mehrfarbigkeit bei den Tulpen durch einen Virus hervorgerufen. Das weiß man aber erst seit einigen Jahren. Heute sind es Züchtungserfolge, die für das Farbspiel der Blütenblätter verantwortlich sind. In Holland ist es heute streng verboten, Tulpen mit einem Virusinfekt im Freiland anzubauen. In England – wo es nicht so eine große Tulpenindustrie gibt, der die Viren gefährlich werden könnten – gibt es einige Hobbygärtner, die immer noch mit infizierten Pflanzen experimentieren. Von dort bekomme ich ab und zu ein paar ausgefallene Exemplare für unser Museum.

Vielen Dank für das Gespräch.

Tulpen Museum, Prinsengracht 112, 1015 EA Amsterdam
Geöffnet täglich von 10.00-18.00 Uhr
Eintritt Erwachsene 4 E., Studierende 2 E., Kinder frei;  www.amsterdamtulipmuseum.com

(Quelle: Grünes Presse Portal)
 

Noch keine Bewertungen vorhanden