Melonen aus dem Hause Syngenta, Broccoli von Monsanto? Das ist keine Fiktion sondern Realität. Die Patentierung eines konventionell gezüchteten Broccoli von Monsanto hat kürzlich (Oktober 2011) zu Protesten vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München geführt.
Bild: David Monniaux
Multinationale Saatgutkonzerne sind bestrebt, immer mehr Nahrungs- und Futterpflanzen patentieren zu lassen. Dabei geht es längst nicht nur um gentechnisch veränderte Pflanzen. Immer häufiger streben diese Saatgutkonzerne auch den Patentschutz von konventionell gezüchteten Pflanzen an. Gemäss europäischen Gesetzen dürften diese allerdings nicht patentiert werden. Das Europäische Patentamt (EPA) entscheidet jedoch im Zweifel für den Antragsteller wie im Fall der Melonen- und der Broccoli-Patentierung (Antragsteller Monsanto). Eine konventionelle Gurke steht kurz vor ihrer Patentierung (Antragsteller Bayer).
Gegen die jüngst gesprochene Patentierung von Broccoli wurde Ende Oktober (26.10.2011) vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München lautstark und mit fliegendem (faulem, unpatentiertem) Gemüse protestiert. Erbost hatte die Demonstrierenden unter anderem, dass eine geplante öffentliche Anhörung, zu der die deutsche Regierung und verschiedene Interessenverbände eingeladen waren, auf Veranlassung der Industrie (Syngenta) kurzerhand abgesagt wurde. Das ändert aber an der Patentierung des umstrittenen Broccoli nichts.
Bild: Toubib
Fatale Auswirkungen des Patentschutzes
Der Patentschutz hat weitreichende Folgen: Saatgut wird teurer und selbst der Ertrag – also jede Tomate, Melone und jeder Broccoli – ist diesem Schutz unterstellt, will heissen, die Produkte werden auch teurer. Ob sie auch besser und gesünder sind, müsste in vergleichenden Studien noch ermittelt werden. Für die weitere Züchtung steht die geschützte Tomate, Melone oder der Broccoli jedenfalls nicht mehr zur Verfügung. Das heisst, nur die Patentinhaber selbst dürfen daran züchten. Bei konventionellen Sorten – im Gegensatz zu gentechnisch veränderten - war das bis anhin nicht der Fall. Diese Sorten wurden während Jahren selektiert (ausgewählt) oder eingekreuzt; sei es von kleineren Saatgutfirmen oder Bäuerinnen und Bauern selber. Sie zeichnen sich durch Eigenschaften wie Anpassung an lokale Witterungsverhältnisse, Resistenz gegenüber gewissen Krankheiten oder besonders frühe oder späte Erntezeitpunkte aus. Diese lokalen und teilweise alten Sorten sind eine Basis für neue Züchtungen, ein Genpool auf den zurückgegriffen werden kann. Mit verändertem Klima und dem Aufkommen neuer Krankheiten und Schädlinge sind möglicherweise künftig andere Eigenschaften gefragt, die einen Genpool erfordern, auf den für neue Züchtungen zurück gegriffen werden kann.
Der Patentschutz konventioneller Sorten verhindert die notwendige Weiterzucht. Eine Verarmung der Nutz- und Futterpflanzen-Vielfalt und eine Verteuerung von Saatgut und Ernteprodukten wird die Folge sein. Absehbar ist ausserdem, dass die Patentinhaber nur dann weiter züchten, wenn kommerzielle Erfolge locken.
Bild: Quadell
Breiter Widerstand
Gegen eine Patentierung von Nutzpflanzen sprechen sich heute breite Kreise aus. Neben Entwicklungs-. und Nichtregierungsorganisationen sind Bauernverbände (auch der schweizerische), Regierungen afrikanischer Länder, Asiens und Südamerikas dagegen, da eine Verteuerung von Nahrungs- und Futtermittelproduktion nicht zu verantworten wäre. Züchterorganisationen wie Plantum und andere Züchterverbände wehren sich ebenfalls dagegen.
Eine Umfrage bei Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz hat gezeigt, dass das Wissen und die Akzeptanz von patentierten, herkömmlichen Nutzpflanzen gering ist. Gut 75 % der Befragten (insgesamt 1000 Personen) wussten nicht, dass es patentierte Tomaten, Melonen und Brokkoli gibt. Knapp 70 % der Befragten sind gegen Patente und gleichzeitig der Meinung, dass patentierte Früchte und Gemüse gekennzeichnet werden sollten im Laden. Wenn sie die Wahl zwischen unpatentierten oder patentierten Früchten, würde eine knappe Mehrheit auf die patentierten verzichten. Die möglichen Preisunterschiede wurden bei der Befragung nicht angesprochen.
Wenn Sie wissen möchten, warum patentierte konventionelle Gemüse und Früchte kein Gewinn für Konsumentinnen und Produzenten weltweit sind:
No-Patents-on-Seeds ist eine Nicht-Regierungsorganisation (NGO), die sich gegen Patentierungen von Nahrungs- und Futtermitteln einsetzt. Sie arbeitet eng mit Organisationen wie Erklärung von Bern, Greenpeace, Swissaid und einigen anderen zusammen.
Bild: Elisa Machnik / Greenpeace
Broccoli fürs Wohlbefinden ?
Der genial gesunde Broccoli aus dem Hause Monsanto heisst Beneforté Ò Naturally Better Broccoli. Und dieses sagenhaft gesunde Gemüse soll 270% Senfölglykoside enthalten, wohingegen ganz normaler Broccoli 100% und Blumenkohl nur gerade 1% enthalten.
Senfölglykosid ist übrigens der Stoff, der den ausgeprägten Kohlgeruch entfacht, den manche Leute nicht mögen. Es ist also gut möglich, dass die hohe Konzentration an Senfölkglykosid kein besonders gutes Verkaufsargument ist.
Andrerseits stärkt Senfölglykosid tatsächlich die Widerstandskräfte – wie andere Stoffe in Gemüse und Früchten übrigens auch.
Diesen Super-Broccoli gibt’s in der Schweiz (noch) nicht zu kaufen, obwohl sich die Migros darum bemühe (ist aus eingeweihten Kreisen zu erfahren). Bei Mark’s and Spencer’s (UK) ist der Hyper-Mega-Broccoli erhältlich: vorgeschnitten und in Plastik verpackt.
Wenn Sie gerne wissen möchten, wie dieser vermeintlich megagesunde Broccoli angepriesen wird („The superlative super food.“ Originalzitat Beneforté.): www.beneforte.com
Text: Elisabeth Jacob
- Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.