Botanik und ganz besonders Samen haben ihn schon in seiner Lehre fasziniert. Die Internet-Samenhandlung (www.saemereien.ch) von David Müller ist in den letzten fünf Jahren stets gewachsen - und sie darf ruhig noch weiter wachsen, meint er.
Unweit vom Friedhof Sihlfeld, in einem Hofgebäude in Zürich-Wiedikon, führen ein paar Treppenstufen hinunter ins Kellergeschoss.
An Gestellen hängen tausende von Samentüten und in Schubladen sind weitere hunderte übersichtlich nach ihren Produzenten geordnet. Der Kleinbetrieb ist bereit für den Run: „Anfang Jahr geht’s wie auf einen Schlag los. Als ob die Leute über die Feiertage ausschliesslich Samenkataloge studiert hätten“, erzählt Müller. Doch noch viel heftiger geht’s zwischen März und Juni ab. Dann packen mehrere Leute Samentüten ein, kleben Etiketten und frankieren, so schnell es geht.
Um die Arbeit zu bewältigen, beschäftigt Müller vor allem Leute aus seinem persönlichen Umfeld: seine Partnerin, Freundinnen, Freunde, seinen Bruder und den Vater. Mittlerweile ist es ein Pensum von 200-250 Stellenprozenten mit saisonalen Schwankungen.
David Müller in seinem Büro-Versandraum mit etwas Gewächshausatmosphäre.
Seit 5 Jahren Samenhandel im Internet
„Es läuft gut. Wir haben im letzten Jahr den Umsatz um 35% steigern können - und wir können noch etwas wachsen“, erzählt David Müller. Das sind erstaunliche Umsatzsteigerungen, in einem Bereich, in dem es um kleine Bestellmengen von durchschnittlich 40 Franken geht. Seine Kundenkartei umfasst derzeit 15'000 Namen; davon sind ein Drittel regelmässige Bestellerinnen und Besteller.
„Die Zahlungsmoral ist sehr gut. In der Schweiz versenden wir auf Rechnung, ins Ausland gegen Vorkasse. Wir haben nur sehr wenige Ausstände, knapp 2 Prozent.“ Das sei ungewöhnlich für Internethandel. Ob das an der vorwiegend älteren Kundschaft liegt oder an der Seriosität der Gärtnernden?
Der SamenshopSamenshop ist dank Davids Programmierkenntnissen gut platziert in den Suchmaschinen des Internets. Sprachlich beschränkt sich das Angebot zurzeit auf Deutsch. Das heisst, dass die Kundschaft ausschliesslich deutschsprachig ist, aber manchmal von weit her bestellt: „Wir hatten eine Bestellung einer deutschen Soldatin aus Afghanistan, die für die Küche zuständig war. Sie hat bei uns Kräutersamen bestellt, die wir selbstverständlich versendet haben. Oder ein deutschsprachiger Pater, der auf einer Südseeinsel lebt. Er hat uns einen handgeschriebenen Brief gesandt und darin Erdbeer-Samen bestellt. Die hat er natürlich bekommen.“ Als begeisterter Pflanzenfreak wundert sich Müller, was so alles ausgesät wird, aber was solls: „Das ist dann das Risiko der Kundschaft, ob es wächst oder nicht.“
Urban-Gardening bringt Kundschaft
Den Umsatz angekurbelt hat im letzten Jahr der Hype des Urban-Gardenings: „Schön, dass die Leute in der Stadt mehr Interesse an Gemüse, Kräutern und Blumen haben. Ob der Höhenflug anhält, bezweifle ich zwar.“ Was ihn freut, sind Leute, die mit dem Gärtnern begonnen haben und seither mit grosser Begeisterung dabei geblieben sind.
Ein Schwerpunkt seines Angebots liegt bei biologisch produzierten Samen. Die Nachfrage sei hier besonders gross: „Es macht keinen Sinn, wenn ich das gleiche Sortiment führe wie ein beliebiges Gartencenter.“ Er bietet Samen von Schweizer Produzenten und Anbietern an wie von Zollinger Samen, Sativa-Rheinau und Select Wyss; Thompson & Morgan und Qedlinburger sind interessant für Zierpflanzen. Besondere Kräutersamen bezieht er in Bioqualität aus den USA.
Inzwischen hat Müller auch seine eigene Hausmarke lanciert „B.B. Honeysuckles“ mit einem besonders grossen Chilli-Sortiment, Sukkulenten, Gehölzsamen, Wildstauden und anderen Spezialitäten.
Für den Versand bereit: Samen der eigenen Marke "B.B. Honeysuckles".
Von der Lehre im Samenhandel zum eigenen Laden
Geweckt wurde David Müllers botanisches Interesse vor mehr als 30 Jahren, als er eine Lehre bei Samen Küderli in Dübendorf absolvierte. Die theoretischen Kenntnisse wurden damals den Lehrlingen im Botanischen Garten Bern vermittelt, daran kann er sich noch gut erinnern. Die Begeisterung für Botanik, insbesondere auch die faszinierende Vielfalt der Samen ist ihm seither geblieben.
Nach der Lehrzeit hat er sich von den Grünen Berufen abgewandt und ist vielerlei Tätigkeiten nachgegangen, die er heute in seinem Unternehmen gut gebrauchen kann. So sind ihm seine Programmierkenntnisse und auch die Erfahrungen als Arbeitsagoge hilfreich beim Aufbau und Führen eines Betriebes.
Selbstverständlich gehören auch Pflanzen in ein Büro einer Samenhandlung. Im Kellerraum brauchen sie allerdings Pflanzenlampen.
Wenn er auch beruflich lange Zeit nichts mit Pflanzen zu tun hatte, so haben sie ihn stets begleitet in den Gärten und auf den Balkonen in meist städtischer Umgebung. . Sein besonderes Interesse galt Sukkulenten, die er aus Samen angezogen hat. Für die Vielfalt von Tomaten und Chillies hat er heute noch eine besondere Vorliebe. Seine Pflanzenkenntnisse sind ausgezeichnet und wie jeder gute Gärtner interessiert er sich stets für unbekannte Gewächse. So freut er sich besonders über jene Kundinnen und Kunden, die ausgefallene Wünsche haben und ihn auf bisher unbekannte Pflanzen aufmerksam machen.
Konzentration auf erfolgreichen Internethandel
Lange wünschte sich David Müller einen Laden, in dem er all die Samen kaufen könnte, die er sich wünschte. Weil es in der ganzen Schweiz nichts derartiges gab, und er überzeugt war, dass es dafür genügend Kundinnen und Kunden gebe, gründete er 2007 den Botanika-Laden in den grosszügigen Räumen einer ehemaligen Rossmetzg im gleichen Quartier, in dem er heute arbeitet.
Zum Betriebskonzept gehörte auch ein Internetshop, den er bereits ein Jahr nach Eröffnung seines Ladens aufschaltete. Der Internethandel lief immer besser; der Laden war hingegen starken saisonalen Schwankungen ausgesetzt. Da die Mieten in der Stadt Zürich hoch, das Ladenlokal gross und die Kosten für Samen niedrig sind, wurde der Laden mit der Zeit zur Belastung. 2010 entschloss sich Müller den Laden zu schliessen und ganz auf den Internet-Samenhandel zu setzen.
Im gleichen Ladenlokal wurde kurze Zeit später ein Blumenladen mit einem Kaffee eröffnet, der von einer Stiftung finanziert und von ihren Angestellten geführt wird. Das scheint heute die einzige Möglichkeit, in einem der angesagtesten Quatiere der Stadt Schnittblumen, Topfpflanzen oder Gestecke zu verkaufen.
Für innovative Kleinfirmen scheinen die hohen Ladenmieten ein zu grosses finanzielles Risiko zu sein.
Text und Bilder: Elisabeth Jacob
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