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Mooswände im Garten als Sichtschutz und gegen Feinstaub

Bild Ed. Züblin AG - Tom Philippi

Mehr als 400.000 Menschen in der Europäischen Union sterben jährlich an den Folgen von Luftverschmutzung. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA), der jüngst in Kopenhagen veröffentlicht wurde. Vor allem die Feinstaubbelastung in den Ballungszentren hat in den letzten Jahren dramatische Ausmasse angenommen. In vielen Städten werden die Grenzwerte für die kleinen Partikel – 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Tagesdurchschnitt – regelmässig überschritten.

Die Schwebeteilchen stammen zum Grossteil aus den Emissionen der Industrieanlagen, der Heizungen in Privathaushalten sowie der Verbrennungsmotoren im Strassenverkehr. Sie entstehen aber auch durch den Abrieb von Autoreifen auf dem Asphalt.

Bild Ed. Züblin AG-Tom Philippi: Während der letzten drei Jahre wurde das modulare, begrünte Wandsystem unter realen Umweltbedingungen an verkehrsreichen Strassen in Ludwigsburg und Stuttgart getestet.

Wie sich Feinstaub im urbanen Raum deutlich eindämmen lässt, zeigt das Forschungs- und Entwicklungsprojekt MoosTex, das von 2017 bis 2020 im Rahmen des "Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wurde. Im Fokus stehen dabei mit Moos besiedelte textile Funktionsstrukturen, die in Schallschutzwandsysteme eingebaut werden. Anfang September 2020 präsentierte das BMWi das Projekt als "ZIM-Erfolgsbeispiel".

Sichtschutz und Schallschutz inklusive Luftverbesserung

Kooperationspartner beim FuE-Projekt MoosTex sind die Helix Pflanzen GmbH aus Kornwestheim, das Deutsche Institut für Textil- und Faserforschung (DITF) mit Sitz in Denkendorf sowie das Bauunternehmen Ed. ZÜBLIN AG aus Stuttgart. Gemeinsam haben sie ein modulares, begrüntes Wandsystem entwickelt, das sich in urbanen Räumen flexibel einsetzen lässt, um die Luftqualität deutlich zu verbessern und gleichzeitig zum Lärmschutz in den Städten beizutragen. Während der letzten drei Jahre wurde es unter realen Umweltbedingungen an verkehrsreichen Strassen in Ludwigsburg und Stuttgart getestet. Die sieben aufgestellten Forschungspaneele waren jeweils einen Meter breit und 2,50 Meter hoch. Auf querliegenden Schienen wurden Module, bestehend aus der moosbewachsenen, textilen Funktionsstruktur, eingeschoben.

Bild Helix: Für das Projekt wurden von Helix spezielle Moosmischungen und ein Verfahren entwickelt, wie sich diese am besten auf textilen Strukturen kultivieren lassen.

Moose sind perfekte Feinstaubvernichter

Dass Innenstädte für eine effektive Feinstaubbekämpfung mehr Grün brauchen, ist seit langem bekannt. An der Universität in Bonn wurde schon vor über zehn Jahren nachgewiesen, dass es neben Gehölzen vor allem Moose sind, die die gefährlichen Schwebeteilchen binden und absorbieren. Ein wichtiger Pluspunkt, den Moose gegenüber Laubbäumen haben: Da sie ihre Blätter im Winter nicht abwerfen, bleiben sie auch in der kalten Jahreszeit aktiv.

"Moose sind aufgrund verschiedener Eigenschaften die perfekten Feinstaubvernichter", sagt Hans Müller, Geschäftsführer der Helix Pflanzen GmbH. "Ein Quadratmeter Moospolster verfügt über viele Millionen kleinster Blättchen, die zusammen eine riesige Oberfläche bilden. Die Pflanzen nehmen ihre Nährstoffe nicht über die Wurzeln, sondern direkt über diese Blätter auf. Ammoniumionen beispielsweise, die durchschnittlich 40 Prozent des Feinstaubes ausmachen, benötigen sie für ihr Wachstum. Die positiv geladenen Mikropartikel in der Luft werden von den negativ geladenen Moosflächen angezogen und verstoffwechselt. Andere Bestandteile des Feinstaubs – etwa Salze und organische Kohlenwasserstoffe – sind für Bakterien, Blaualgen und tierische Einzeller, die zwischen den Moosblättchen leben, eine wichtige Nahrungsgrundlage. So wird aus dem Feinstaub nach und nach Biomasse." In Laborversuchen, die im Rahmen des MoosTex Projekts durchgeführt wurden, konnte gezeigt werden, dass Moos 60 Prozent des gebundenen Feinstaubs in 26 Tagen abgebaut hatte.

Bild Helix: Detailaufnahme eines Moospanels mit verschiedenen Moosarten und textiler Haltestruktur.

Für das Projekt wurden von Helix spezielle Moosmischungen und ein Verfahren entwickelt, wie sich diese am besten auf den vom DITF realisierten textilen Strukturen kultivieren lassen. "Bei der Auswahl der Moosarten und -kombinationen haben wir auch darauf geachtet, wie sich das optische Erscheinungsbild verschiedener Kombinationen im Laufe der Jahreszeiten verändert. Denn auch dieser ästhetische Aspekt ist ja ein entscheidender Faktor, wenn die Paneele in Innenstädten aufgestellt werden sollen", so Müller. Zur Sicherstellung einer optimalen Funktionalität der Pflanzen wurden zudem geschlossene Bewässerungssysteme bei unterschiedlichen Umweltbedingungen geprüft. "Für eine optimale Luftreinigung ist es entscheidend, dass die Feuchte stimmt: Trockenes Moos entfaltet kaum Wirkung, zu nass darf es aber auch nicht sein", erklärt Müller. "Die Zugabe von Düngern ist übrigens nicht notwendig. Und auch Pestizide muss man bei Moos nicht einsetzen. Wichtiger ist es schon eher, Wände an der Südseite etwas zu beschatten."

Bild Kristijan Matic: Ein wichtiger Pluspunkt, den Moose gegenüber Laubbäumen haben: Da sie ihre Blätter im Winter nicht abwerfen, bleiben sie auch in der kalten Jahreszeit aktiv.

Die Vermarktung der kombinierten Feinstaub-Schallschutz-Paneele erfolgt zukünftig gemeinsam durch ZÜBLIN und Helix. Zudem kann die Helix Pflanzen GmbH bundesweit Pflege- und Wartungsarbeiten anbieten.

[Helix]

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