Hanne Roth hat nach einer Lehre im Garten- und Landschaftsbau an der FH Weihenstephan Landespflege studiert. Daran schlossen sich viele Praxisjahre in Gärtnereien sowie die organisatorische Mitarbeit bei der Vorbereitung und Durchführung von bayerischen Landesgartenschauen an.
Die Liebe zur Pflanze wurde zum Berufsschwerpunkt und die Pflanzplanung zur sichtbaren Leidenschaft. Besonderes Interesse erfahren dabei Einjährige, Stauden, Klettergehölze und Rosen. Seit 2015 ist sie Mitglied im Arbeitskreis Pflanzenverwendung des Bund deutscher Staudengärtner, seit 2016 leitet sie die Blumenpark Schauanlagen der Fa. Dehner in Rain am Lech.
Frau Roth, wie gehen Sie vor bei der Planung eines Gartens?
Roth: Ich kann einen Garten nicht am "grünen Tisch" planen. Ich muss den Garten sehen, vor Ort einen Eindruck von seiner Lage, dem Boden, dem Gelände etc. aufnehmen und natürlich die Erwartungen und Wünsche der Gartenbesitzer kennen lernen. Als Basis bediene ich mich dann aus einem grossen Fundus an Pflanzen. Ich nutze das Wissen um die Lebensbereiche der Stauden, ihre Standortansprüche und Kombinationsmöglichkeiten, weiss aber auch, dass es Grenzbereiche gibt – oft ist es besonders reizvoll, Pflanzen eben nicht an den optimalen Standort zu setzen, sie entwickeln sich dann überraschend anders und umso schöner. Ich suche in der Gartenplanung jeweils ein standortgerechtes Zusammenspiel der Pflanzen, Wege, Sitzplätze etc. und realisiere gern mutige Kombinationen. Das Ziel ist ein ganzjährig harmonisches Bild, das sich verändert, es geht mir dabei nicht um Einzelaspekte wie nur die Blüten, sondern genauso Samenstand, Herbstfärbung, Blattfarben und natürlich das Mit- oder Gegeneinander unterschiedlicher Grössen und Formen sind mir wichtig.
Was bestimmt den Erfolg einer Gartenplanung?
Roth: Die richtige Pflanzenauswahl ist eine entscheidende Voraussetzung für die dauerhafte Freude am Garten, die vor allem dem ständigen Wechsel von Farben, Formen und Strukturen entspringt. Ganz wichtig ist dabei, die Gartenbesitzer bzw. -nutzer einzubeziehen. Denn nur, wenn sie sich mit dem Ergebnis identifizieren und bereit sind, Fachwissen und Erfahrungswerte anzunehmen, wird der Garten zu einem echten Wohn- und Lebensraum. Und dann kommt der Faktor Zeit hinzu. Es heisst ja landläufig, ein Garten sei nie fertig. Das stimmt in gewisser Weise, aber es sollte schon so sein, dass nach ein paar Jahren ein geplantes Gartenbild entstanden ist, das Bestand hat. Es braucht Geduld, bis sich beispielsweise die Staudenbeete als System entwickelt haben und auch die strukturgebenden Gehölze oder grösseren Gräser entwickeln erst im Laufe der Zeit ihren typischen Charakter. Ich empfehle in der Regel, den Gross- und Leitstauden wie zum Beispiel der Sonnenbraut (Helenium) oder Gräsern wie Miscanthus ausreichend Freiraum für ihre Entwicklung zu geben. Im ersten Jahr hat es sich bewährt, in die Zwischenräume entweder kurzlebige Stauden und Sommerblumen zu pflanzen oder eine einjährige Blumenmischung auszusäen.
Welche Rolle spielt der Pflegebedarf?
Roth: Die Pflege spielt eine grosse Rolle, dabei geht es allerdings nicht nur um Unkrautvermeidung und Schnitt, sondern zunehmend auch um das Thema Wasserbedarf bzw. Bewässerung. Mir ist es wichtig, eine Pflanzung zu schaffen, die in sich funktioniert. Im Pflanzjahr sind bis zu sieben Pflegegänge angebracht, aber schon im zweiten Jahr sollte eine geschlossene Pflanzfläche entstanden sein und ab dem dritten Standjahr sind zwei bis drei gründliche Pflegegänge ausreichend: Zur Unkrautkontrolle und einmal zum Rückschnitt. Was den Wasserbedarf angeht, versuche ich in der Regel die Pflanzung so auszuwählen und zu arrangieren, dass sie ohne zusätzliche Bewässerung auskommt. Trinkwasser zum Giessen zu verwenden, finde ich offen gesagt inzwischen problematisch. Andererseits haben uns die letzten beiden Hitzesommer gezeigt, dass die Extreme zunehmen und das müssen wir bei der Pflanzenwahl mitberücksichtigen. Ganz allgemein gilt, dass ein Garten umso weniger Pflege bedarf, je besser die Pflanzen zum Standort passen – im besten Fall entwickelt sich ein natürliches Gleichgewicht, in das man nur noch wenig eingreifen muss. Aber, das will ich auch sagen: Ohne Pflege wäre die Lüneburger Heide keine Heidelandschaft … und auch im Garten ist eine regelmässige Pflege angebracht.
Was wäre Ihr Rat an junge Gärtnerinnen und Gärtner?
Roth: Schauen Sie sich möglichst viele Gärten, Gartenschauen, Parks an, entdecken und entwickeln Sie Ihre "eigene Handschrift"! Mich haben beispielsweise die Gärten und Pflanzungen von Piet Oudolf und Petra Pelz besonders inspiriert. Auch Landschaftsgärtner haben oft einen ganz typischen Stil, ohne dass deren Gärten alle gleich aussehen. Schliesslich sollen sich in jedem Garten die Persönlichkeit und die Vorlieben der Bewohner wiederfinden, aber auch die Besonderheiten des Standorts bzw. der Lage. Dazu braucht es gute Pflanzenkenntnisse und Erfahrung in der Pflanzenverwendung, gelegentlich Mut in der Umsetzung und Lust auf Vielfalt. Wichtig wäre sicherlich eine stärkere Betonung der Pflanzenkunde in der Ausbildung und im Studium. Und darüber hinaus kann ich nur empfehlen, dass Planer und Landschaftsgärtner möglichst eng zusammenarbeiten. Es ist überaus sinnvoll, in Fragen der Pflanzenauswahl gut sortierte Baumschulen und Staudengärtnereien zu beteiligen. Die Sortimente werden ja ständig weiterentwickelt.
Welche Pflanzen haben Sie besonders beeindruckt?
Roth: Gräser, Stauden, Kleingehölze … ein grosses Feld (lacht). Eine echte Entdeckung war für mich die Rosa persica – sie lässt sich ganz wunderbar auch an sehr trockenen Standorten kombinieren. Oder die Rose ´Westerland`, die weit mehr kann als nur eine üppige Strauchrose zu werden. Euphorbia, Koelreuteria, Cotinus … hier ist besonders der Herbstaspekt ganz grossartig. Ysop gefällt mir flächig verwendet oder als Beeteinfassung, Perovskia ist als Strukturbildner auch im Winter sehr wirkungsvoll. Überhaupt graue Pflanzen … wo es passt! Nicht zu vergessen: Erigeron karvinskianus, das Spanische Gänseblümchen, ist eine unterschätzte Schönheit mit extrem langer Blütezeit den ganzen Sommer über. Ich plädiere für Mut und Phantasie bei der Pflanzenverwendung, es gibt unendlich viele Möglichkeiten – aber die Basis für erfolgreiche Gartenplanung ist und bleibt eine solide Pflanzenkenntnis, wenn ein Garten im Jahreslauf abwechslungsreich, gelegentlich überraschend sein soll.
BGL
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