Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschschweizer das „Journal du Dimanche“ kennen, eine beliebte Gartensendung auf Radio de la Suisse Romande RSR 1, dürfte klein sein. Ganz anders in der Romandie: gut 220'000 Zuhörerinnen und Zuhörer setzen sich jeweils Sonntags zwischen sechs und neun Uhr (morgens!) vor das Radio. Eine Erfolgsgeschichte.
Bild: Gärtnerteam mit Sendeleiterin Christine Magro (li)/Daniel Balmat, RSR
An drei Sonntagen des Monats heisst es für Garteninteressierte in der Romandie den Wecker stellen: Im „Journal du Dimanche“ sitzt „Monsieur Jardinier“ ab sechs Uhr morgens und beantwortet Fragen zu Garten, Pflanzen und Natur. Ursprünglich war es tatsächlich ein „Monsieur Jardinier“, der zusammen mit dem Gründer der Sendung, Paul Baudaz seit 1980 im Studio sass. Heute gehören zum Team von „Journal du Dimanche“ dreizehn Gärtnerinnen und Gärtnern verschiedener Fachbereiche, die jeweils zu viert im Turnus im Studio sitzen und unter der Leitung von Moderatorin Christine Magro live Telefonanfragen beantworten und eigene Beiträge mitbringen. Dabei wirkt die Sendung frisch und locker, gerade so wie erfolgreiche Livesendungen sein sollten. Und sie sind wortgewandt und reden schnell, sehr schnell - und französisch - diese Gärtnerinnen und Gärtner.
Bild: Journal du Dimanche-Redaktorin Christine Magro hat sich im Laufe ihrer Tätigkeit zu einer Gartenexpertin entwickelt./Daniel Balmat, RSR
Die Fragen der Hörerinnen und Hörer – jeweils etwa 180 an jedem Sonntagmorgen – decken die ganze Bandbreite gärtnerischer Probleme ab: Mein Ficus ist gelb, was soll ich tun? Wie kann ich gegen Dickmaulrüssler vorgehen? Welcher Blütenstrauch eignet sich für einen kleinen Garten? Warum faulen meine Zwetschgen bevor sie reif sind? Manche Fragen hören Gärtnerinnen und Gärtner häufig. Andere wiederum, wie Schadbilder an Pflanzen, sind am Radio schwierig zu bestimmen. In derartigen Fällen stellt das Internet eine ideale Ergänzung dar. Auf der Website von „Journal du Dimanche“ (http://journaldudimanche.rsr.ch) können gewisse Themen im Bild erläutert werden. Auch Portraits von Pflanzen, Gartenanlagen und Pflanzanleitungen werden ergänzend zur Sendung aufgeschaltet. Natürlich sind auch Anfragen per Mail möglich, die dann am Sonntag live beantwortet werden.
Immer beliebter auch in den Städten
„Journal du Dimanche“ ist beliebt und hat eine treue Hörerschaft
(56,2 % regelmässige Hörerinnen und Hörer), die bis in den Kanton Tessin reicht. Darunter sind vermehrt auch Städterinnen und Städter, die sich für das Grün auf ihrem Balkon, in ihrem Vorgarten oder für Natur und Artenvielfalt in Pärken interessieren.
Bild: Gärtner-Beratungsteam mit Redaktorin Christine Magro (li)/Daniel Balmat,RSR
Für die enge Hörerbindung wird viel getan: Die Gärtnerinnen und Gärtner von „Monsieur Jardinier“ sind oft unterwegs in Gärten, Parkanlagen, Gärtnereien, in der Region und der ganzen Schweiz. Dabei wird gerne auch ein Blick in europäische Gärten und nach Übersee geworfen, wenn Gärtner grad auf Reisen sind. Bücher werden besprochen, Gartengeräte begutachtet und Neuheiten in Sachen Pflanzenschutz vorgestellt. An wichtigen gärtnerischen Anlässen oder Messen in der Romandie ist „Journal du Dimanche“ selbstverständlich live dabei.
Pascal Lovis, Leiter Staudenabteilung bei Hauenstein in Rafz ist in der Romandie aufgewachsen. Heute hort er sich die Sendung noch gelegentlich an, wenn er unterwegs ist. Früher war das anders: “In der Lehre bin ich oft am Sonntag extra aufgestanden, um mir die Sendung anzuhören.“ Die Sendung habe sich positiv weiter entwickelt, indem neue gärtnerische Themen aufgenommen worden seien und auch das Internet mit einbezogen worden sei.
Passend zum publikumsnahen Konzept der Sendung wurde auch der dreissigste Geburtstag in diesem Sommer begangen. Zwischen Juli und August feierte „Monsieur Jardinier“ an acht verschiedenen Orten in der Romandie und im Tessin Geburtstag mit Live-Sendungen, die sich inhaltlich jeweils auf regionale gärtnerische Besonderheiten konzentrierten. Mit einem Brunch, einem Pflanzenmarkt und weiteren Ständen regionaler Prouzentinnen und Produzenten wurde der Anlass jeweils bis zum Mittag verlängert.
Beginn und Vorbild
Wie aber kam es zur ersten, der mittlerweile 1300 Sendungen von „Monsieur Jardinier“? Eher zufällig, so jedenfalls beschreibt es das Pressecommuniqué zum Geburtstag. Ein Radioproduzent liess sich von einem engagierten Gärtner beraten, welchen Baum er ihm für seinen Garten empfehlen könne. Aus einer Idee heraus, lud er den Baumschulisten am Sonntag in seine Sendung ein und öffnete die Telefone für Anfragen aus dem Publikum. Aus der Idee entstand eine Sendung: Bald darauf – im Oktober 1980 – wurde „Monsieur Jardinier“ erstmals gesendet mit Jean-Claude Gigon und Paul Baudaz.
Ob der Westschweizer Radiosendung die berühmte BBC-Sendung „Gardeners Question Time“ als Vorbild diente, ist nicht bekannt und letztendlich auch nicht wichtig. Dass aber auch diese Sendung seit 1947 praktisch unverändert und unvermindert erfolgreich allwöchentlich gesendet wird, ist erstaunlich.
Am Deutschschweizer Radio (DRS) kommt das Thema Garten praktisch nicht vor. Die Einführung einer entsprechenden Sendung war nie Thema und ist auch nicht geplant. Keine Nachfrage, meinte Manuela Kaech-Schmid von der Medienstelle von Radio DRS. Im Rahmen der Sendung Ratgeber kommt das Thema Garten gelegentlich vor. Wers versuchen will, kann auf gut Glück am Montag zwischen 11.00 und 11.10 Uhr DRS 1 einschalten.
„Monsieur Jardinier“ ist im Journal du Dimanche jeweils von 06.00 – 09.00 Uhr auf Radio de la Suisse Romande 1 zu hören. (ausser am 1. Sonntag im Monat, dann wird die Haustier-Beratungssendung ausgestrahlt. http://journaldudimanche.rsr.ch
„Gardeners Question Time“ ist auf BBC 4 zu hören, Sonntags um 14 Uhr und Mittwochs um 15 Uhr.
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