Eiko Leitsch ist Gründer und Inhaber des Baumpflegeunternehmens Leitsch GmbH & Co. KG mit Sitz in Nauheim (Hessen). Gehölze zu erhalten ist für ihn mehr als nur ein Beruf. Baumpflege versteht er zunächst als eine anspruchsvolle Arbeit unter Einsatz modernster Methoden und Technik, sie erfordert aber vor allem eine klare innere Einstellung und Hinwendung zu Natur und Umwelt.
In diesem Interview spricht er u.a. über lebendige Vielfalt in Stadt und Landschaft.
Herr Leitsch, welche Auswirkungen haben trockene Sommer auf die (heimischen) Baumarten?
Leitsch: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Hier bei uns im Rhein-Main-Gebiet zeigen sich nach dem dritten Hitzesommer in Folge bei der gleichen Baumart extrem unterschiedliche Auswirkungen, je nach Bodensituation. Das heisst, gut wasserversorgte Bäume der gleichen Baumart und -sorte stehen besser da als solche, die auf extrem sandigen, armen Böden stehen. Das sieht man auch in der freien Landschaft – mehr als die Art entscheidet der Standort über die Chancen für einen Baum, Extremsituationen zu überstehen. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass vielerorts Kiefern, Buchen, Hainbuchen auch an Naturstandorten inzwischen erhebliche Probleme haben.
Was bedeutet das für Stadtbäume, ich denke an die sogenannten Zukunftsbäume?
Leitsch: Denke ich an Strassenbegleitgrün oder auch Pflanzungen auf Stadtplätzen, dann ist hier die Substratoptimierung von besonderer Bedeutung. Typisch sind hochverdichtete Böden, gestörte Grundwasserzugänge, Einschränkungen durch Rohre bzw. Leitungen etc. – städtische Standorte sind keine Naturstandorte! Eben weil Stadtbäume zumeist so schwierigen Bedingungen ausgesetzt sind, sie aber gleichzeitig mit hohen Erwartungen gepflanzt werden, ist die Standortvorbereitung und die Art- und Sortenwahl so wichtig. Nicht zu vergessen die Baumversorgung und -pflege nach dem Anwachsen! Tatsächlich ist es wichtig, die veränderten Bedingungen, die mit dem Klimawandel einhergehen, zu berücksichtigen – das gilt für die Auswahl der standortgerechten Pflanzen ebenso wie für deren optimale Versorgung.
Was empfehlen Sie zur Optimierung des Baum- und Grünflächenmanagements?
Leitsch: Zunächst ist da ja der Bestand an Stadtgrün zu betrachten und im zweiten Schritt dessen Weiterentwicklung. Wir stellen fest, dass manche Baumarten tatsächlich grosse Probleme haben – hier und da treten neue Krankheiten und Schädlinge auf, auch Sekundärschädlinge, die geschwächte Bäume massiv belasten – und das führt richtiger Weise dazu, dass bestimmte Baumarten nicht mehr neu gepflanzt werden. Aber grundsätzlich gilt mehr denn je: Es braucht grosse Baumgruben; mindestens sechs Kubikmeter – so auch die FLL-Empfehlung – sind notwendig, damit Stadtbäume das leisten können, was wir von ihnen erwarten. Nur gut versorgte Bäume verbessern das Stadtklima und sorgen für spürbare Wohlfahrtswirkung im öffentlichen Raum.
Wie sollte sich der GaLaBau in Sachen Baumpflege aufstellen?
Leitsch: Der professionelle Garten- und Landschaftsbau hat Pflanzenkompetenz, das heisst, wir wissen, welche Baumarten und -sorten sich eignen, aber auch, welche Anforderungen an das Baumgrubensubstrat, an dessen Durchlässigkeit und die Sauerstoffversorgung der Wurzeln etc. elementar sind. Dazu kommt die heute mehr denn je wichtige Funktion der Pflanzgruben als Retentionsräume für Starkregen bzw. insgesamt der Pflanzen als lebendige Faktoren der Stadtklimatologie. Mit Sorge sehe ich, dass in vielen Kommunen die Garten- oder Grünflächenämter personell ausgedünnt werden, umso mehr sind wir als Profis gefordert, uns hier mit unserer Fachkompetenz in Beratung und Ausführung einzubringen. So erfreulich es einerseits ist, dass heute Baumpflanzungen und insgesamt mehr Grün in den Städten eingefordert wird: Im Sinne der Nachhaltigkeit ist die Versorgung und Pflege des Stadtgrüns noch wichtiger als die Pflanzung – wir müssen im Schulterschluss mit den Kommunen das Stadtgrün langfristig in Wert setzen, um die berechtigten Erwartungen der Öffentlichkeit zu erfüllen.
Was empfehlen Sie jungen LandschaftsgärtnerInnen, die sich für Baumpflege interessieren?
Leitsch: Es gibt bislang keine explizite Ausbildung für Menschen, die sich für Baumpflege interessieren, die Basis ist in der Regel eine klassische Ausbildung zum Landschaftsgärtner, zur Landschaftsgärtnerin. Wer dann eine spezielle Affinität zur Pflanze hat, aber auch Verständnis für den Boden, ausserdem körperlich fit und schwindelfrei ist … kann eine Fortbildung zu Baumpfleger oder Baumpflegerin absolvieren. Allen, die sich für unseren Beruf interessieren, empfehle ich ein Praktikum in einem Fachbetrieb – und das kann ja schon ein Betrieb sein, der Baumpflege anbietet.
Und wenn Sie sich übergreifend etwas wünschen dürften bezüglich Stadtgrün?
Leitsch: …dann wäre das eine wissenschaftliche Fundierung der Frage, was Stadtbäume und Stadtgrün überhaupt zu Lebensqualität, Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen beitragen. Dann könnten wir besser und zielgenauer planen und tatsächlich belegen, welche Beiträge das Grün in der Stadt leistet. Das würde auch die Grünflächenkataster verbessern, weil es direkte Auswirkungen auf die Pflegeintensität hätte. Noch einmal: Nur vitale, gut versorgte und gepflegte Bäume und Grünflächen sind wirksame Beiträge zur Klimaanpassung und zur nachhaltigen Stadtentwicklung zum Wohl der Bürgerschaft.
Mehr unter: www.eiko-leitsch.de und www.mein-traumgarten.de
BGL
- Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.