Pully, 20.05.2016 - Im Jahr 1992 lancierte Agroscope in Zusammenarbeit mit dem Weinbauamt des Kantons Wallis und der Gesellschaft der Walliser Rebschulisten ein Erbschutzprogramm zur Erhaltung der genetischen Vielfalt von traditionellen einheimischen Rebsorten.
Dank dieser Initiative konnten bereits mehr als 1400 Klone von 17 verschiedenen Rebsorten erhalten werden. Aus der so entstandenen Klonsammlung wählt Agroscope die aus agronomischer und önologischer Sicht besten Kandidaten für die Züchtung aus. Fünf neue Klone der Rebsorte Petite Arvine konnten so in diesem Frühling der Schweizer Zertifizierung über-geben werden.
Zahlreiche traditionelle Rebsorten der Schweiz weisen eine grosse Vielfalt an Biotypen auf, die über die Jahrhunderte aus natürlichen Mutationen entstanden sind. Petite Arvine ist eine symbolträchtige einheimische Rebsorte des Kantons Wallis. Zur Erhaltung der genetischen Vielfalt wurden zwischen 1992 und 1994 Untersuchungen auf alten Parzellen durchgeführt. Diese Forschungsarbeiten erlaubten die Identifikation von rund 100 für Variabilität diese Rebsorte repräsentativen Klonen.
Gesundheitliche Sicherheit
Bevor die gezüchteten Biotypen in die Sammlungen aufgenommen wurden, wurden sie einem virologischen Test (ELISA) unterzogen. So konnten schwerwiegende Virosen (Blattrollkrankheit, Reisigkrankheit) eliminiert werden, die mehr 30 % des Ausgangsmaterials befallen. Das aus den neuen Klonen entstandene Material wird als Massenselektion von der Gesellschaft der Walliser Rebschulisten unter dem Label « Sélection Valais » vertrieben. Gleichzeitig wurden ungefähr 20 Klone ausgewählt, die im Jahr 2000 auf dem Agroscope-Versuchsbetrieb Leytron im Rahmen einer Versuchsreihe untersucht wurden. So konnte das agronomische und önologische Potenzial jedes einzelnen Klons charakterisiert werden.
Die Rebsorte Petite Arvine – wie ein Chamäleon
Nach 9-jähriger Beobachtung und 5 Wein-Jahrgängen steht fest, dass die Rebsorte Petite Arvine ähnlich wie Pinot noir oder Chasselas eine aussergewöhnlich grosse Variabilität aufweist. Die Unterschiede liegen sowohl beim Produktionspotential (Variabilität von 35 % zwischen den Klonen) wie auch bei anderen Parametern wie der Morphologie der Trauben, deren Sensibilität auf Fäulnis oder dem Zucker- und Säuregehalt im Most.
In Zusammenarbeit mit der HES-SO in Sion wurde der Mostgehalt an der aromatischen Vorstufe des 3-mercaptohexanols – dem Molekül, das für das typische Bouquet der Petite Arvine (Geschmack von Zitrone, Grapefruit und Rhabarberkompott) verantwortlich ist - bestimmt. Die Resultate stimmen mit den Ergebnissen der Weindegustationen überein und zeigen, dass das aromatische Potenzial je nach betrachtetem Klon um das Doppelte variieren kann.
Fünf neue Klone für die Schweizer Zertifizierung
Die bei den meisten Kriterien beobachteten Unterschiede erlaubten es, 5 neue Klone (RAC 42, RAC 43, RAC 44, RAC 45, RAC 46) zu finden, die ab Frühjahr von der Schweizer Zertifizierung vertrieben werden. Sie ergänzen das bestehende Klonmaterial, das bisher nur aus einem einzigen Klon bestand (RAC 22). Dank der spezifischen agronomischen und önologischen Profile können nun qualitativ hochstehende Klone angeboten werden, die den besonderen Anforderungen der einzelnen Betriebe entsprechen. Der gleichzeitige Anbau von verschiedenen Klonen mit sich ergänzenden önologischen Eigenschaften erlaubt es, die Komplexität der Weine zu erhöhen. Im Juni dieses Jahres erscheint in der Revue suisse de Viticulture, d’Arboriculture et d’Horitculture ein Artikel zu den Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten und den spezifischen Eigenschaften der neuen Klone von Petite Arvine.
- Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.