Wädenswil, 10.04.2018 - Üblicherweise heisst es, dass mit fortschreitendem Klimawandel landwirtschaftliche Schädlinge besser gedeihen, ihr Verbreitungsgebiet ausdehnen oder häufiger im Jahr Nachkommen produzieren. Bei der Möhrenfliege ist es genau umgekehrt: In Jahren mit Hitzesommern tritt sie in geringerer Populationsdichte auf als üblich – das haben Untersuchungen von Agroscope in der Deutschschweiz gezeigt.
Gemäss des Weltklimarates (IPCC) gilt ein Temperaturanstieg im Laufe des 21. Jahrhunderts als sicher. In der Landwirtschaft könnte dies Massenvermehrungen von Insekten fördern. Ein bedeutender landwirtschaftlicher Schädling reagiert jedoch umgekehrt: Die Möhrenfliege (Psila rosae). Sie zählt zu den Gemüsefliegen und ist ein wichtiger Schädling im Karottenanbau in Nord- und Mitteleuropa. Sie wird in der Schweiz standardmässig mit Fallen überwacht, was ihre Aktivität sichtbar macht. Ab einer kritischen Fallenfangzahl, der sogenannten Schadschwelle, sind Schäden am Erntegut zu erwarten, weshalb nach dem Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes eine Insektizidbehandlung empfohlen wird.
In Hitzesommern sterben die Fliegenlarven
Wie die Daten aus dem Fallenmonitoring zeigen, bildete die Möhrenfliege in der Deutschschweiz in Jahren mit feuchten Sommern (2007, 2014) drei vollständige Generationen aus. Dagegen war der Flug der dritten Möhrenfliegen-Generation nach Sommern mit ausgeprägten Hitzeperioden an vielen Standorten äusserst schwach – so geschehen 2006, 2013, 2015 und 2017. In den genannten Jahren lagen die Bodentemperaturen in 10 cm Tiefe im Juni oder Juli mehrere Wochen lang über 23°C, was bei Larven und Puppen der Möhrenfliege die Sterblichkeit erhöht oder zu einem vorübergehenden Entwicklungsstopp der Puppen führt. Schon bei der zweiten Möhrenfliegen-Generation war vermehrt eine Flugverzögerung festzustellen.
Die Möhrenfliege reagiert demnach empfindlich auf Trockenheit und Hitze. Daher könnte der Klimawandel in der Deutschschweiz das Auftreten von Entwicklungspausen begünstigen und eventuell die Anzahl Generationen pro Jahr reduzieren.
Die Klimaerwärmung beeinflusst die Populationsdynamik
Zur Ernährungssicherung in Zeiten des Klimawandels werden Fallenüberwachung, Feldkontrollen und Prognosesysteme immer wichtiger. Nur so kann rechtzeitig auf das veränderte Auftreten von Schädlingen oder auf neu einwandernde Insekten reagiert werden.
Aus diesem Grunde unterhält Agroscope ein Überwachungsnetz für Schadorganismen und arbeitet dabei eng mit den Kantonalen Fachstellen für Gemüsebau, dem Forschungsinstitut für Biologischen Landbau und weiteren Partnern zusammen. Die gewonnenen Informationen zur Befallssituation werden mit Hinweisen zum Schutz der Kulturen ergänzt und für die Gemüseproduzierenden wöchentlich in speziellen Bulletins publiziert: in der Gemüsebau Info, der Info Cultures Maraîchères bzw. der Orto Fito Info. Neben der Früherkennung von Schadorganismen in Zeiten des Klimawandels wird damit eine Grundlage zur Risikoreduktion und zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln geschaffen, welche im Aktionsplan Pflanzenschutzmittel vom Bundesrat gefordert werden.
Bild: Pexels
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