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Mehr als Mauerblümchen – Trockenmauern mit Stauden bepflanzen

Bild GMH/BdS

(GMH/BdS) Ob sie Hänge terrassieren, Windschutz bieten oder den Garten einfrieden – Trockenmauern erfüllen Funktionen. Ohne Mörtel gebaut, können sie zum Lebensraum für Pflanzen und Tiere werden. Mit den passenden Stauden bepflanzt, blühen sie förmlich auf.

Eine Trockenmauer ist an sich schon etwas Besonderes: Stein auf Stein liegt auf- und nebeneinander, in den Spalten und Ritzen dazwischen verschwindet hin und wieder eine Eidechse. Wer die alte Kulturtechnik dieses Mauerbaus beherrscht, kann selbst aus unterschiedlich geformten und wieder verwendeten Steinen solide Bauwerke erschaffen. Einer von ihnen ist Frank Schroeder. Der Gärtnermeister hat schon viele Trockenmauern gebaut und führt auf dem Ommertalhof in Lindlar gemeinsam mit seiner Frau Nicole Frank ein besonderes Unternehmen: „Frank Schroeder Gartenmanufaktur und Landschaftsbau“. Pflanzen spielen in den teilweise prämierten Projekten immer eine grosse Rolle – auch in und auf den Trockenmauern, die Frank Schroeder baut und bepflanzt.

 Mehr als Mauerblümchen – Trockenmauern mit Stauden bepflanzenIm Beet wächst die Spornblume (Centranthus ruber) rund 60 cm hoch. Hier neigt sie sich über eine Mauerkrone und zieht sich als Blütenband über die ganze Länge hinweg. Da sie sich versamt, können Sie auch wenige Exemplare pflanzen und beobachten, wie sie sich in und rund um die Mauer selbst aussäen. Spätestens, wenn die Stauden ihre Knospen zwischen Juni und September öffnen, ist der Nachwuchs nicht mehr zu über-sehen. Bildnachweis: GMH/ BdS

Gemeinsam schöner und vielfältiger

Stauden und Steine denkt Frank Schroeder immer zusammen und hat mittlerweile schon fast 40 Jahre Erfahrung mit dem Bau bepflanzter Trockenmauern. Dabei geht es angesichts der Schönheit dieser Bauwerke nicht darum, die Steine mit Stauden zu kaschieren, sondern Mauer und Pflanzen so zu verbinden, dass beide optisch voneinander profitieren: „Eine bepflanzte Mauer sieht einfach klasse aus und umgekehrt kommen auch die Pflanzen vor dem Hintergrund der Steine besser zur Geltung.“ Beim Anblick von Glockenblumen und Gamander, die auf halber Höhe einer Grauwacke-Mauer aufblühen, besteht daran kein Zweifel. Diese und andere Gewächse machen mehr als „nur“ Freude, findet er: „Sie erhöhen ja auch die Artenvielfalt und machen den Garten lebendiger.“ Es lohnt sich also, auch diese extrem anmutenden Standorte zu bepflanzen. Gefragt sind Stauden, die mit wenig Substrat und Feuchtigkeit auskommen, und die gibt es.

Goldiger Lichtblick: Der deutsche Name Goldtröpfchen macht neugierig und Chiastophyllum oppositifolium gehört zu den Pflanzen mit besonders hohem „Niedlich-keitsfaktor“. Seine hübschen Blütentrauben erscheinen im Juni und Juli. Diese Ministaude gehört zu den wenigen Arten, die sich nachträglich in Spalten von Trockenmauern setzen lässt und gut für schattige oder halbschattige Bereiche eignet. Einmal etabliert, sät sie sich selbst aus und sucht sich auch innerhalb der Mauer neue Plätze. Zum Glück, denn von dieser grazilen Sukkulente kann eine Mauer gar nicht genug haben. Bildnachweis: BdS/ Frank Schroeder

Von oben herab: Dieses Foto zeigt eine ungewöhnliche Perspektive. Das Zimbelkraut (Cymbalaria pallida) macht aus allen Blickwinkeln eine gute Figur. Auch wenn man wie hier von der Mauerkrone aus nach unten sieht. Da es über Ausläufer seinen Weg in die Ritzen findet, reichen für den Anfang einige Pflanzen auf die Mauerkrone. Danach können Sie abwarten und beobachten, wie es die Spalten und Ritzen wie von selbst erobert und zwischen Juni und September aufblüht. Bildnachweis: BdS/Frank Schroeder

Am besten von Anfang an bepflanzt

Im Idealfall reserviert man schon beim Bau der Trockenmauer Plätze für die Stauden, erzählt Frank Schroeder: „Wenn ich eine Mauer baue, plane ich gleich Lochgrössen von 9 x 9 cm ein und setze die Staude auch gleich ein.“ Warum gerade dieses Mass? „Das ist die Standardgrösse, in der die Stauden angeboten werden. Das ist praktisch, weil ich dann später in der fertigen Mauer bei Bedarf problemlos Pflanzen austauschen und ersetzen kann.“ Es gibt aber noch ein zweites Geheimnis für das gute Gedeihen von Stauden in einer Trockenmauer, die Hänge terrassiert. Für solche Mauern denkt Schröder an einen sogenannten Erdkern. Er verbindet den Wurzelballen der Stauden wie ein Docht mit dem angrenzenden Erdreich und leitet die Wurzeln so durch die hinter der Trockenmauer liegende Schotterschicht hindurch. So spendiert er den Stauden eine Extraportion Wurzelraum, die ihnen offensichtlich gut bekommt.

Die Krone aufsetzen: Die Sand-Nelke (Dianthus arenarius) verrät mit ihrem Namen, dass sie sandige und durchlässige Böden braucht. Sie wächst zwar nicht in den Ritzen, gedeiht dafür aber sehr gut auf Mauerkronen und in Steingärten. Die heimische Wildstaude bietet zur Blüte zwischen Juli und September nicht nur diesen reizenden Anblick, sondern ernährt auch Wildbienen und andere Insekten. Bildnachweis: BdS/Bettina Banse

Polster in Pink: Zur Blütezeit im Mai und Juni wird die Pfingst-Nelke (Dianthus gratianopolitanus) zum Hingucker und lässt ihre Blütenschärpen herabhängen. Auch vor und nach dem Flor bleibt die dank ihrer silbrig schimmernden Blätter und Triebe sehenswert. In und auf sonnigen Mauern kann sie im Laufe der Jahre stattliche und wintergrüne Polster bilden. Bildnachweis: Frank Schroeder

Bestehenden Mauern bepflanzen

Dieses „Rundum-Sorglos-Paket“ wäre ideal. Doch was ist mit Mauern, die schon da sind? „Da lässt sich auch was machen“, weiss Schroeder. „Ein paar Stauden lassen sich auch mit winzigen Ballen in Ritzen und Spalten setzen.“ Konkret empfiehlt er für diesen Zweck kleine Arten der Fetthenne (Sedum), Hauswurz (Sempervivum), Steinbrech (Saxifraga) oder das charmante Goldtröpfchen (Chiastophyllum oppositifolium), das sogar in schattiger gelegenen Trockenmauern wächst. Und es geht noch mehr: „Viel grösser sind die Möglichkeiten bei einer bestehenden Mauer ganz oben auf der Krone.“ Für diesen oberen Abschluss bieten sich neben diesen drei Gattungen zusätzlich weitere trockenheitsverträgliche Arten und Polsterstauden an, die ihre Blütenmatten dann von oben herabhängen lassen. Sand-Nelke (Dianthus arenarius), Zimbelkraut (Cymbalaria pallida) oder Sonnenröschen (Helianthemum x cultorum) sind nur drei Beispiele, die sich dafür eignen.

Strahlende Sternchen: Das Spanische Gänseblümchen (Erigeron karvinskianus) gehört zwar zu den kurzlebigen Stauden, versamt sich aber zwischen Steinen und in Spalten von Mauern oder Treppen und wird auf diese Weise zum Dauergast. Wie fabelhaft der Zufall gärtnern kann, beweist dieses Foto: Zwar ist diese Mauer verfugt, doch an ihrem Fuß konnte das Spanische Gänseblümchen Wurzeln schlagen. Hierzulande noch vergleichsweise selten verwendet, hat das Gewächs in Großbritannien bereits eine lange gärtnerische Verwendungsgeschichte. Es tupft seine Blütenwölkchen in den berühmtesten Gärten der Insel von Juni bis Oktober zwischen Steine und Stufen. Bildnachweis: Bettina Banse

Den Zufall mitwachsen lassen

Egal, ob in die Front oder auf die Krone gepflanzt: Viele der Stauden haben erstaunliche Strategien zur Vermehrung. Wer das Spanische Gänseblümchen (Erigeron karvinskianus) gepflanzt hat, wird die Sämlinge an anderen Stellen entdecken und Zimbelkraut (Cymbalaria pallida) oder Echter Gamander (Teucrium chamaedrys) bilden Ausläufer, die hinter und unter Steinen entlang wachsen und in der nächstmöglichen Ritze wieder ans Tageslicht wachsen und aufblühen. Ob das der Mauer schadet? Frank Schroeder muss lachen: „Ganz im Gegenteil, das Dickenwachstum innerhalb der Fuge quetscht die Steine aneinander. Da muss ich mir bei einer fachgerecht aufgesetzten Trockenmauer überhaupt keine Sorgen machen.“ Auch die Sämlinge der Mauerstauden sieht er eher als willkommene Abwechslung. Wo sie wirklich lästig werden, lassen sie sich leicht jäten. Andererseits: Wo könnte ein winziger Sämling des charmanten Goldtröpfchens schon lästig sein?

Unbedingt nachmachen: Der deutsche Name Walzen-Wolfsmilch (Euphorbia myrsinites) klingt eher bedrohlich als bezaubernd. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen, denn diese nur 15 bis 25 cm große Pflanze gehört zu den attraktivsten Stauden für Trockenmauern und kommt im oberen Teil oder auf der Mauerkrone am besten zur Geltung. Von dort grüßt sie mit ihren skurril geformten Trieben nach unten. (Bildnachweis: Frank Schroeder)

Sonnenanbeterin: Ganz oben, also auf der Mauerkrone ist das Sonnenröschen (Helianthemum x cultorum) gut aufgehoben und bildet große Blütenpolster, die über einen Teil der Steine hängen. Die Sorte ‘Eisbär’ blüht in Weiß, andere Züchtungen hüllen sich in Rosa, Orange oder Rot. Die Wildart (Helianthemum nummularium) leuchtet in kräftigem Gelb und gedeiht ebenfalls auf Mauerkronen. Sie bildet etwas kleinere Blüten, die sich wie bei den Gartensorten zwischen Mai und Juli zeigen. (Bildnachweis: Bettina Banse)

Geschmackvolles Blütenpolster: Bohnenkraut hat nicht nur in der Küche einen Stammplatz verdient. Dieses voll aufgeblühte Exemplar beweist, dass es auch im Garten eine gute Figur macht. Hier wurde ein mehrjähriges Bohnenkraut (Satureja alternipilosa) auf eine Mauerkrone gepflanzt. Kriechende Formen machen sich besonders gut auf Trockenmauern und lassen ihre Blütenschärpen über die Steine hängen. Als Würzkraut lässt sich das mehrjährige Bohnenkraut übrigens ebenso verwenden wie das einjährige. (Bildnachweis: Bettina Banse)

Genügsame Wasserspeicher: Die diversen Arten der Hauswurz können nicht nur Mauerkronen mit ihren Rosetten überziehen, sondern gedeihen auch in Fugen und Ritzen bestehender Mauern. Zu den besonders interessanten Vertretern dieser sukkulenten Stauden gehört die Spinnweb-Hauswurz (Sempervivum arachnoideum). Ihre Blätter scheinen wie in Fäden eingewoben. An sonnigen Tagen ist ihr silbriges Schimmern schon von Weitem zu sehen und morgens glitzern Tautropfen in den fein überzogenen Rosetten. Eine attraktive Erscheinung, die auch in kleinen Töpfen gedeiht. Einziger Nachteil: Die Gattung bietet noch viele weitere Arten und Sorten und kann Sammler süchtig machen. (Bildnachweis: Frank Schroeder)

Er macht seinen Weg: Echter Gamander (Teucrium chamaedrys) gehört zu jenen Stauden, die sich auf nahezu magische Weise vermehren. Wenn wie hier nicht nur auf der Krone, sondern aus Mauerspalten und einer Fuge des angrenzenden Pflasters ebenfalls Echter Gamander sprießt, hat das nichts mit Zauberei zu tun. Die Wildstaude ist vielmehr in der Lage, mit ihren Ausläufern unter Platten und hinter Steinen zu kriechen, bis sie wieder einen Weg zum Licht findet und zwischen Juni und August au-blüht. Freuen Sie sich ruhig über diese Ausbreitungsstrategie, die der Mauer gut steht und sie sogar stabilisiert. (Bildnachweis: Bettina Banse)

Frank Schroeder ist Gärtnermeister der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau. Gemeinsam mit seiner Frau Nicole Frank führt er die Firma „Frank Schroeder Gartenmanufaktur und Landschaftsbau“ in Lindlar, rund 30 km östlich von Köln. Firmensitz ist der Ommertalhof (www.ommertalhof.de). Das rund einen Hektar große Gelände präsentiert sich als großer Garten, in dem Trockenmauern ein selbstverständlicher Teil der Gestaltung sind. (Bildnachweis: Frank Schroeder)

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