Eine Wasserschlange ist das Tier des Jahres 2015 von Pro Natura. Die ungiftige Ringelnatter (Natrix natrix) lebt an Tümpeln, Teichen und Weihern, wo sie am liebsten Fröschen oder Kröten auflauert. Mit ihrer Leibspeise teilt sie ein gemeinsames Schicksal: Ihre Lebensräume werden immer weniger. Pro Natura plant und baut deshalb selber über 100 dringend benötigte Tümpel und ruft Gemeinden dazu auf, ebenfalls neue Tümpel zu schaffen.
Wasserschlangen? Hier bei uns? Ja. Die Ringelnatter ist eine von drei Schlangenarten in der Schweiz, die sehr gut an das Leben am und im Wasser angepasst ist. Das äusserst scheue Reptil ist nicht nur eine exzellente Schwimmerin, sondern auch eine ausdauernde Taucherin: Bis zu 30 Minuten kann sie sich unter Wasser aufhalten. Wer einer Ringelnatter begegnet, braucht sich nicht zu fürchten. Das Tier des Jahres 2015 ist ungiftig und für Menschen völlig harmlos. In Acht nehmen sollten sich höchstens Frösche, Kröten, Molche, Salamander oder Fische. Denn diese verschlingt die Ringelnatter lebendigen Leibes.
Neue Tümpel braucht das Land
Gemäss der Roten Liste der bedrohten Arten gilt die Ringelnatter in der Schweiz als «verletzlich». Ihre Bestände haben in den vergangenen Jahrzehnten starke Einbussen erlitten. Ein Grund dafür ist der dramatische Rückgang der amphibienreichen Gewässer, an denen die Ringelnatter ihre Nahrung findet. Mit der Wahl der Ringelnatter zum Tier des Jahres 2015 ruft Pro Natura dazu auf, die verbleibenden feuchten Lebensräume wie Weiher, Tümpel und Teiche zu erhalten, sie zu vernetzen und neue zu schaffen. Pro Natura geht dabei mit gutem Beispiel voran und arbeitet konkret am «Tümpel-Turnaround»: Über 100 Tümpel hat Pro Natura in den vergangenen zwei Jahren während ihrer Kampagne «Mehr Weiher für Frosch & Co.» initiiert, geplant oder erstellt, weitere folgen. Ausserdem ruft sie Gemeinden dazu auf, es ihr gleich zu tun und ebenfalls Teiche und Tümpel anzulegen.
Brut im Mist
Die Ringelnatter ist eine von acht einheimischen Schlangenarten. Ihr auffälligstes Merkmal sind die hellen, halbmondförmigen Flecken im Nacken, die manchmal aber nur schwach ausgebildet sind oder ganz fehlen können. Ringelnattern kommen in praktisch allen Regionen der Schweiz vor. Ausnahmen bilden die Hochalpen und Teile des Juras. Von Oktober bis März verkriechen sich die Ringelnattern in frostfreie Schlupfwinkel und halten Winterruhe. Meist Ende März oder im April macht sich das Tier des Jahres 2015 an die Paarung. Die Weibchen legen danach 10 bis 40 Eier in verrottende Laubhaufen, Baumstümpfe, Kompost- oder Misthaufen, in denen ein warmes, feuchtes Mikroklima herrscht. Nach sieben bis neun Wochen schlüpfen die bleistiftgrossen Jungschlangen. Ringelnattern wachsen ihr Leben lang. Da ihre Haut nicht mitwächst, müssen sich die Tiere mehrmals im Jahr häuten. Ringelnatterweibchen werden bis zu 140 Zentimeter lang, die Männchen erreichen knapp einen Meter.
Die Schweiz der Schlangen
Acht Schlangenarten sind in der Schweiz heimisch. Sechs davon sind ungiftig, nämlich die Ringelnatter, die Äskulapnatter, die Schlingnatter, die Vipernatter, die Würfelnatter und die Gelbgrüne Zornnatter. Die giftigen Ausnahmen bilden die Aspisviper und die Kreuzotter. Die beiden Giftschlangen kommen vor allem im Jura, in den Alpen und in der Südschweiz vor. Im Mittelland fehlen sie fast ganz. Wie ihre harmlosen Verwandten flüchten auch Giftschlangen lieber, als dass sie eine Konfrontation suchen. Aus etwas Distanz lassen sich die faszinierenden Wesen gelassen beobachten. Bei den einheimischen Arten lassen sich die giftigen von den harmlosen Schlangen anhand der Pupillen unterscheiden: Bei den zwei Giftschlangen sind die Pupillen senkrecht geschlitzt, bei den ungiftigen Vertreterinnen der Schlangenzunft hingegen rund. Schlangen sind Reptilien. In der Schweiz kommen 14 verschiedene Reptilienarten vor: acht Schlangenarten, vier Eidechsenarten, die Blindschleiche und die europäische Sumpfschildkröte. 11 dieser Arten gelten in der Schweiz als verletzlich, gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Reptilien sind deshalb eine der am meisten gefährdeten Tiergruppen in der Schweiz.
Bild: Pro Natura / Adam Drabek
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