Back to top

Alte Zierpflanzen wieder entdeckt

Seit kurzem setzt sich die Stiftung Pro Specie Rara für den Erhalt alter Zierpflanzen ein. In der Schweiz gezüchtete, gehandelte oder traditionelle Sorten sollen erhalten werden mit Hilfe von Gärtnereien, Institutionen, Privatpersonen und Grossverteiler COOP.

Emilia coccinea eine Sommerblume mit kleinen, kugeligen Blüten (Bild PSR)

Wer regelmässig in Samenkatalogen blättert, entdeckt darin jedes Jahr neue Sorten. Grossblumige, gefüllte, gigantisch wachsende und in kräftigen Farben leuchtende. Die Wirklichkeit sieht gelegentlich anders aus: schwachwüchsig, kränkelnd, unregelmässig blühend und die Farben ganz anders als im Katalog. Mit dererlei Erfahrungen wünscht sich manche Gärtnerin wieder bewährte, bekannte Sorten, die oft den lokalen Witterungs- und Wachstumsbedingungen optimal angepasst sind. Doch viele dieser alten Sorten sind aus den Katalogen verdrängt worden, weil neue verkauft werden müssen, die grosse, weltweit tätige Samenfirmen züchten und vermarkten.
Pro Specie Rara (PSR) setzt sich seit kurzem für die Erhaltung alter Zierpflanzen (Sommerflor und Stauden) ein. Die Recherchen alter Züchtungen aus der Schweiz, das Suchen dieser Sorten, das Pflanzen in Schaugärten (Elfenau Bern, Wenkenhof Riehen) und die Vermehrung von privaten Sortenbetreuern sind erste Schritte in diese Richtung.
Als Kriterien für die Erhaltung gelten in der Schweiz gezüchtete Sorten oder solche mit Lokalnamen benannte, traditionelle Sorten aus Kloster- und Bauerngärten, der Ackerbegleitflora und Sorten, die vor 1970 in der Schweiz gehandelt und angebaut wurden. Erhalten werden diese Pflanzen von Privatpersonen, die in ihren Gärten oder auf ihren Balkonen zwei oder mehr Sorten aussäen und das Saatgut weiter geben. Mehr Verantwortung übernehmen Sortenbetreuerinnen, die sich verpflichten über längere Zeit die Betreuung mindestens zweier Sorten zu übernehmen. Das Fachwissen wird den Interessierten in Samenbaukursen vermittelt, die Pro Specie Rara jedes Jahr veranstaltet.

Eine niedrige Form von Tagetes patula 'Ehrenlegion' (Bild PSR)

Alte Zierpflanzen im eigenen Garten

Wer gerne im eigenen Garten oder auf dem Balkon die eine oder andere alte Sorte pflanzen möchte, hat bereits eine kleine Auswahl zur Verfügung. Im Sortenfinder der Pro Specie Rara, der sehr viele Gemüse- und Nutzpflanzensorten enthält, sind verschiedene Duftwicken-Sorten erhältlich. Ein kleines Sortiment weiterer Zierpflanzen-Samen wird über den Grossverteiler Coop abgesetzt, wie Reseda (‚Machet’), Kornblume (‚Blauer Junge’), Goldmohn (‚Karminkönig’), Tagetes (‚Ehrenlegion’) und Schlafmohn (‚Planète du Jura’), Klatschmohn (‚Von Reconvillier’). Ganz persönlich kann ich die Duftwicke ‚Black Knight’ mit ihrer aparten, braunroten Farbe empfehlen, den Goldmohn ‚Karminkönig’, in keckem Karmin und die Reseda ‚Machet’. All diese Sorten sind einfach aus Samen anzuziehen und garantieren Erfolg und Freude.
Coop bietet in der kommenden Gartensaison auch verschiedene alte Pelargonien-Sorten an wie beispielsweise die ‚Stadt Bern’, eine robuste, einfachblühende Sorte mit leuchtend roten Blüten. Eine Rarität sind auch die Tellerhortensien, die an der Forschungsanstalt Wädenswil von Fritz Schütz (1903-1988) und Fritz Meier (1927) gezüchtet worden sind und allesamt Vogelnamen tragen. Unbedingt zugreifen, wenn Sie welche sehen. Die Hortensien können ausgepflanzt oder in Kübeln angezogen werden.

Züchtungen aus der Schweiz

In der Schweiz waren im letzten Jahrhundert einige Züchter aktiv. So sind an der Kantonalen Gartenbauschule Oeschberg/Kt. Bern von Walter Kienli (1876-1963) einige Sorten entstanden wie ein Salbei (Salvia officinalis ‚Oeschberg’), die Bergenie ‚Oeschberg’ (eine Sorte, die heute noch häufig erhältlich ist), ein Amaranth (A. caudatus ‚Oeschberg’) und zahlreiche andere.
Bekannt für ihre Stiefmütterchen-Züchtungen wurde die Familie Roggli vom Thunersee, deren Betrieb noch heute Stiefmütterchen züchtet und produziert. Ihr Anliegen war es in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts leuchtende Farben zu züchten. Sie waren erfolgreich und benannten ihre Sorten nach Bergen und Seen, die teilweise heute noch erhältlich sind.
Paul Schönholzer (1905-1972) war als Gärtner weit gereist und erfolgreich. In Riehen baute er in den 40er Jahren während der Anbauschlacht eine Staudengärtnerei (später auch Gartenbaubetrieb) auf, die er bis 1972 betrieben hat. In dieser Zeit entstand ein Bartfaden (Penstemon ‚Paul Schönholzer’) in besonders schönem Rot, der heute noch zum Standardsortiment vieler Staudengärtnereien gehört.

Aster x frikartii 'Wunder von Stäfa' (Bild Frikarti Stauden)

Sehr aktiv in ihrer Züchtungsarbeit war die Familie Frikart mit ihrem Staudenbetrieb am Zürichsee. Carl Frikart (1879-1963) hatte engen Kontakt zu England, wo er seine Züchtungen unter anderem auch an der renommierten ‚Chelsea Flower Show’ vorgestellt hatte. Bekannt und gut erhältlich sind heute noch seine Aster x frikartii – Züchtungen ‚Mönch’, ‚Jungfrau’ und ‚Wunder von Stäfa’, wobei insbesondere ‚Mönch’ in England sehr erfolgreich und beliebt ist.

Heute kann die Züchtungsarbeit von Zierpflanzen- und Staudenbetrieben nicht mehr gepflegt werden. Es sind ausschliesslich international tätige Grossbetriebe im Samenbau, die Züchtungsarbeit leisten.

Interesse an alten Sorten?

Wer sich für den Erhalt alter Sorten interessiert, Freude daran hat, Pflanzen aufzuziehen und etwas Platz im Garten oder auf dem Balkon hat, kann sich direkt bei Esther Meduna, Verantwortliche Zierpflanzen-Projekt bei der Pro Specie Rara (

esther.meduna@prospecierara.ch

) melden.

Weitere Informationen über die Organisation

www.prospecierara.ch

Im Potager des Wenkenparks in Riehen/BS (siehe Bild oben) ist ein PSR-Schaugarten entstanden mit Pflanzen, welche die Landschaftsarchitekten Gebrüder Mertens in ihren Garten- und Parkanlagen verwendet haben. Geöffnet ist der Schaugarten von April bis Oktober jeweils mittwochs und sonntags von 11-18 Uhr.

Noch keine Bewertungen vorhanden